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Raumplanung in Österreich: Eine Abrechnung

Das halte ich für eines der wichtigsten und unterschätztesten Themen schlechthin.
Eine Bilanz von 50 Jahren Raumentwicklung in Österreich.
25 Minuten "Fest"-Rede am Jahrestag der österr. Raumplaner.
Und eine der mir wichtigsten Reden der letzten Jahre überhaupt.

Teil1:



Teil 2:



Teil 3:

Verrückt: futurezone bei orf.at soll abgedreht werden

Seit Jahren ist einem Teil (ich sage bewusst: einem Teil) der
heimischen Zeitungsverleger der Erfolg von ORF Online ein Dorn im
Auge. Der ORF sei so groß, weil er der ORF ist, war immer zu hören.
Ein Blick nach Deutschland zeigt: Wenn die Saurier des Fernsehens auch
im Internet so groß wären, dann müssten „tagesschau.de“ oder
„heute.de“ die erfolgreichsten Medienangebote im Web sein. Sie heißen
aber „bild.de“ und „spiegel.de“. Warum: Weil selbst die „Bild“-Zeitung
erkannt hat, dass man für das Internet genuin eigene Anstrengungen,
sprich ein medienkonformes Angebot stellen muss und nicht einfach
Contents zweitverwerten und dafür billig Werbegeld lukrieren kann. In
Österreich hat der „Standard“ das als erster erkannt. Und ist ein
dementsprechend glaubwürdiges Medium im Web.

Der ORF hat für das Web ein eigenständiges Angebot gemacht, es war und ist ein starker, unabhängiger Beitrag zur Pluralisierung der heimischen Medienöffentlichkeit. Ich nutze ihn, so wie standard.at regelmäßig.
Und obwohl orf.at so eigenständig erschien, hat sie immer etwas, was man sich vom ORF erwartet und im Fernsehn so oft vermisst.: Sie war und ist besonders aktuell und vor allemverlässlich. Besonders verlässlich, weil sie Nachrichten zu den ThemenBürgerrechten im digitalen Zeitalter bietet, ist die Futurezone vonORF On. Sie hat sich gerade auf EU-Ebene um Themen gekümmert, diesonst niemand beackern konnte. Warum? Sie haben offensichtlich ausreichend redaktionelle Kraft auf die Behandlung dieser Themen und schauen nicht auf eine simple Bilanzrechnung.

Die Herren Grasl (ORF) und Gerald Grünberger (VÖZ-Geschäftsführer)
haben die Hintergründe für ein neues ORF-Gesetz ausgehandelt. Zuerst
wollte man vom ORF ein werbefreies Webangebot, das maximal
„Überblicksberichterstattung“ bietet, dann wollte man für den ORF die
Werbung im Online-Bereich beschränken. Nicht mehr als zwei Prozent des
Gebührenaufkommens sollte der ORF mit der Online-Werbung lukrieren
dürfen. Der Effekt: Der ganze heimische Werbemarkt wäre ruiniert
gewesen, gefreut hätten sich deutsche Angebote mit heimischen
Werbefenstern (kommt uns das aus dem Fernsehen bekannt vor?) Nun sind
diese Werbebeschränkungen zumindest gelockert. Doch der ORF muss
symbolische Preise dafür zahlen: Geopfert werden soll der
Special-Interest-Kanal „Futurezone“. Warum? Das entzieht sich meiner
Kenntnis, abgesehen davon, dass sie manchem Politiker als kritisches
Medium offenbar ein Dorn im Auge ist. Denn: Die Futurezone ist irgendwie, neben Ö1 das öffentlich-rechtlichste, was der ORF anbietet.

Die Futurezone hat eine wichtige Rolle als Übersetzer. Sie vermittelt
zwischen den Bereichen der Informations- undKommunikationstechnologien, der Politik und den Bürgern.Die Relevanzdieses Politikbereichs wird in Zukunft weiter wachsen. Komplexe Themenwie Vorratsdatenspeicherung, SWIFT-Abkommen, Roaming-Verordnung undFrequenzzuteilungen wurden in der Futurezone aufgegriffen, die mühsame Arbeit der Sachpolitik fürinteressierte Bürger ziemlich gut dargestellt. Da sich die Futurezone auch im Ausland einen guten Ruf als verlässliche Informationsquelle erworben hat, ist sie auch ein wichtiger Vermittler für österreichische Positionen in Europa.

Diese langwierige analytische Arbeit ist für private Medien nur schwer
zu leisten, umgekehrt können diese jederzeit auf die Vorarbeit der
Futurezone-Redaktion zurückgreifen.

Warum macht man nicht ein Gesetz, dass regelt, dass der ORF Online
gerade derartig öffentlich-rechtliche Angebote im Dienst der
Bürgerinnen und Bürger herstellt? In den USA müssen mittlerweile NGOs
wie das „Pulitzer Center“ mithelfen, damit es investigativen
Journalismus gibt. In Österreich, wo es Gott sei Dank öffentlich
rechtliche Medien gibt, dreht man gerade so eine Institution ab. Mit
dem Hinweis, „es gibt ja keine Fernsehsendung“, die Futurezone heißt.

Hier werden in Kenntnislosigkeit Fetische verhandelt und sollen per
Gesetz gekillt werden. Wenn sich der VÖZ vor Medien fürchtet, die
50.000 - 100.000 PIs am Tag machen, dann soll er bitte zusperren. Denn
dann traut er seiner eigenen journalistischen Medienleistung nicht.

Wir sollten aufstehen und Journalismus verteidigen.
Egal wo er passiert: Im ORF, in den Zeitungen. Und wir sollten
schauen, dass dieser eine Grundlage für seine Arbeit hat. Was im
Moment passiert, ist einfach, ein Bauernopfer zu finden für eine über
Jahre hinweg vernachlässigtes Nachdenken über Medien. Jetzt sollten
wir darüber nachdenken, was hier rasch zu tun ist. Denn hier geht es um unsere Demokratie – und nicht um Postgeschacher für den nächsten ORF-Direktoriumsjob.

Nicht die Futurezone abschaffen – der ORF gehört auf Angebote wie die
Futurezone verpflichtet.

...more to come

Afrikas Europa

Zwischen Wahlvorbereitungen:
Mein Artikel über Südafrika im aktuellen falter

P1090600

AFRIKAS EUROPA


In welchem Land findet die erste WM Afrikas statt? Jedenfalls in keinem, wo man die Wirklichkeit nur schwarz und weiß malen kann. Sieben Bilder aus Südafrika

1. Der Doppeldecker
Zwei Flügel tragen das Land. Aber die beiden haben fast nichts miteinander zu tun; es gibt zwar Verbindungen, aber die sind sehr dünn. Der „obere“, das war und ist das weitgehend weiße Südafrika. Erste Welt. Industrienation. Wenn schon nicht Reichtum, so doch ausreichend Wohlstand. Gute Schulen, beste Krankenversorgung, Haus mit Pool, Garten und Bediensteten, sicherer Job bei Banken oder Rohstoffunternehmen oder einem jener globalen Akteure von Toyota bis Coca-Cola, die in Südafrika produzieren.

Der „untere“ Flügel ist fast ausschließlich schwarz.

Er lebt im Township, und dieses ist zumindest doppelgesichtig. Da springt uns Europäern eine Armut ins Auge, die sprachlos macht: Statt die Wellblechhütten, die extrem hohe Arbeitslosigkeit, die mangelnden Sanitäreinrichtungen und die fast ungebremst grassierende Aids-Pandemie zu beschreiben, sei bloß folgende selbst erlebte Geschichte erzählt:

Mit einem europäischen Studenten in einem lokalen Spital. Untersuchung plus lokale, ausgezeichnete Behandlung: 75 Euro. Man zückt erleichtert seine Kreditkarte. Während des Wartens erscheint eine schwarze Familie, das Kind sichtbar krank, und bittet die junge weiße Ordinationshilfe um Unterstützung. „Haben Sie eine Krankenversicherung?“, „No, Ma’am!“, „Können Sie bezahlen, die Erstuntersuchung kostet 220 Rand (etwa 25 Euro)?“, „No, Ma’am, but please help my child!“ Die Weiße extrem freundlich: „So können wir Sie hier nicht behandeln, versuchen Sie es doch im public hospital.“ Es folgt eine genaue Wegbeschreibung. „Dort waren wir bereits, Ma’am“, lautet die Antwort. „Eine Behandlung bekommen wir dort erst nach tagelangem Warten, drum sind wir hier!“ Und nochmals: „Please help my child!“ Die Sprechstundenhilfe entschuldigt sich tausendmal und erklärt, dass dies ohne Bezahlung oder Krankenversicherung hier nicht möglich sei. Die schwarze Familie bricht entmutigt wieder auf. „Sie haben keine Ahnung, was ich hier alles erleben muss. Es ist schrecklich“, wendet sich die Weiße an den Autor dieser Zeilen, der zum wiederholten Male darüber nachdenkt, welch unfassbare zivilisatorische Errungenschaft eine allgemeine Krankenversicherung darstellt.


2. Die schwarzen Diamanten
Reichtum, Vermögen sowie Grund und Boden sind noch immer fest in weißer Hand. Jahrzehntelange systematisch umgesetzte Apartheid hat das Land und die Gesellschaft tief geprägt. Der Unmut in den Townships darüber ist groß – und wächst. Affirmative action, hier black economic empowerment (BEE) genannt, soll Abhilfe schaffen, und scheitert grandios. Gründet ein Weißer ein Unternehmen, muss er einen schwarzen Partner dazunehmen. Möchte ein weiß dominiertes Unternehmen (und das ist die überwiegende Mehrheit) einen öffentlichen Auftrag, müssen Firmenanteile an Schwarze abgegeben werden.

Gut, sehr gut gemeint und die Intention: mehr als verständlich.

Aber die Praxis zeigt: BEE bewirkt das Gegenteil von gut. Das behaupten übereinstimmend Weiße wie Schwarze: Der (gewiefte) weiße Unternehmer erkundigt sich „politisch“, wen er denn in sein Unternehmen hereinnehmen solle. Diesen versorgt er dann mit ausreichend Einkommen, aber hält ihn vom Geschäft fern, denn das lässt sich angesichts der Qualität der Schulen nicht so leicht erlernen.

Diese Praxis erzeugt eine Schicht von black diamonds, eine kleine Schicht politisch gut vernetzter Schwarzer, die rasch zu Reichtum kommt. An der Grundverteilung im Land wird kaum Substanzielles verändert. Die Mehrheit der Townshipbewohner hat nichts davon. Auf weißer Seite wachsen Enttäuschung und Zorn. Im öffentlichen Dienst oder in Spitälern haben junge weiße Männer das berechtigte Gefühl, angesichts dieser Form von affirmative action nahezu chancenlos zu sein, was ihre Karrieren betrifft. Deutlich schlechter Qualifizierte werden ihnen systematisch vorgezogen. Viele sehen nur einen Ausweg: Sie wandern aus. Vorzugsweise nach Australien, Neuseeland oder nach Großbritannien. Das schadet dem Land enorm.


3. Zuwanderung
Südafrika gilt als das „Europa“ des südlichen Afrika. Nicht nur aus Simbabwe, wo Robert Mugabe ein blühendes Land in den Ruin getrieben hat, flohen und fliehen die Menschen nach Südafrika. Auch aus Mosambik, Swaziland und selbst aus dem fernen Nigeria oder Angola suchen die Menschen eine bessere Zukunft in der Kapregion. Die Grenze zu passieren ist nicht schwierig. Einige Millionen waren es im letzten Jahrzehnt.

Viele davon sind unternehmerisch geschickt und brachten es rasch zu bescheidenem Wohlstand. Dieser entfachte Neid, der sich in schrecklichen Verfolgungen schwarzer Migranten vor allem im Jahr 2008 niederschlug.

Manche Teile Johannesburgs kennt und meidet man, sie werden von Kriminellen, oft illegalen Einwanderern, dominiert. Gerade schwarze Südafrikaner leiden unter der grassierenden Gewalt. Und was es noch schlimmer macht: Es gibt kein Gespräch unter Weißen, bei dem nicht mit geradezu wollüstigem Schauer wieder und immer wieder penibel erzählt wird, bei wem wie eingebrochen oder geraubt wurde. Auch die Zeitungen kennen vor allem eines: Berichte über Gewalt.

Das verursacht Angst, die sich im Antlitz der Stadt niederschlägt. Meterhohe Zäune, Stacheldraht, abgeriegelte Straßen, gated communities, ein Heer an privaten Sicherheitskräften. Das ist der Tod des öffentlichen Raums, der ja eigentlich das Städtische ausmacht. Weiße fahren fast ausschließlich mit dem Auto, Freizeit verbringt man am Land oder im Shoppingcenter.


4. Der Stau
Bis vor kurzem war das private Minitaxi das einzige öffentliche Verkehrsmittel in Johannesburg. Japanische Kleinbusse, bei uns für neun Personen zugelassen, werden hier mit 22 Personen in fünf Reihen befüllt und transportieren gegen hohe Tarife die Menschen aus den Townships in die Stadtzentren und wieder zurück. Da Weiße wie auch alle Schwarzen, die irgendwie zu Wohlstand gekommen sind, ein Auto haben, gehört der Stau zum Alltag.

Erst dieser Tage wurden zwei neue Öffis in Betrieb genommen. Eines ist ziemlich schlau, das andere, tja, eher das Gegenteil:

Das schlaue ist das beschleunigte Bussystem, in der brasilianischen Stadt Curitiba entwickelt und heute im kolumbianischen Bogota und Dutzenden anderen Städten von Entwicklungsländern erfolgreich angewandt. Straßen bekommen großzügige, baulich getrennte Busspuren, um ein rasches öffentliches Fortkommen zu ermöglichen. Fast wäre diese Idee in Johannesburg an den Taxiunternehmern gescheitert, die wegen der Konkurrenz heftig dagegen protestierten und Streiks ausriefen, die das Land lahmlegen könnten. Erst als man einigen von ihnen Unternehmensanteile an diesen Buslinien versprach, lenkten sie ein.

Das zweite ist das absurd teure Projekt „Gautrain“ in Johannesburg. Es ist eine U-Bahn-artige Verbindung, die den Flughafen von Johannesburg mit Santon, dem weißen Stadtzentrum, und Pretoria, der 60 Kilometer nördlich gelegenen Hauptstadt, verbinden soll. Sowohl Qualität wie Preisgestaltung dieser wenigen Linien zielen eindeutig auf ein wohlbestalltes Publikum, statt flächenhaft die Townships zu erschließen, zum Beispiel mit günstigen Stadtbahnen. Die Kosten beim „Gautrain“ sind genauso explodiert wie bei unserem heimischen Skylink. Dass etliche Minister Anteile an diesem Projekt besitzen, zeigt, wie schwierig es ist, eine sparsame Verwaltung und Vergabekultur zu entwickeln.

Aber als Österreicher sollten wir hier mit Kritik sparen, sitzen wir doch im sprichwörtlichen Glashaus.


5. Die Townshipschule
Die Fairness gebietet es festzuhalten: Seit dem Ende der Apartheid ist sehr viel geschehen in Südafrika, auch in den Townships. Schulen, Häuser und Krankenhäuser wurden gebaut, die Anzahl der Südafrikaner mit Strom und Wasser hat sich deutlich erhöht. Trotzdem: Die Qualität vieler Townshipschulen ist nach wie vor inferior. Dafür lassen sich viele Erklärungen finden, von der Apartheid, die Schwarze systematisch (nicht nur) von höherer Bildung ausgeschlossen hat, bis zu Aids, die zu Zehntausenden auch Lehrer hinwegrafft, und der hohen Zuwanderungsrate.

Aber da Südafrika eine Zentralmatura hat, lassen sich Schulen leicht vergleichen. Und obwohl die Standards dieser Matura laufend abgesenkt werden, und für manche sogar Mathematik durch die leichtere Form „mathematic literacy“ ersetzt wurde, sinkt die pass-rate bei der Matura in den Townships immer weiter. 90 Kinder und mehr finden sich nicht selten pro Klasse. Viele können nach neun Pflichtschuljahren kaum sinnzusammenhängend lesen und schreiben.

Man muss der Politik zugutehalten, dass sie dieses Thema öffentlich diskutiert und viel Geld für Bildung verwendet wird. Bislang jedoch ohne Erfolg. Auch hier herrscht wachsende Ungleichheit. Wer es sich leisten kann, ob weiß oder schwarz, schickt sein Kind in eine teure Privatschule.


6. Das Handy
Nahezu jeder hat eins. Nicht nur in den Townships Johannesburgs, sogar an der totalen Peripherie: An der wild coast am Indik, einer unbeschreiblich schönen Küstenregion im Eastern Cape, dem ärmsten der neun Bundesländer, lebt das Volk der Pondos heute noch wie vor 100 Jahren von Subsistenzlandwirtschaft. Keine befestigte Straße führt zu ihren Siedlungen, kein Stromnetz. Aber sie alle haben ein Handy, das ihnen auch den Einstieg in einen bescheidenen, Community-getriebenen Tourismus eröffnet hat. Eine winzige Solaranlage wird vor die Hütte gestellt, welche eine Batterie mit Strom lädt, die ihrerseits Handys versorgt. „Warum“, so fragt der neugierige Reisende, „stehen wenige Meter neben dem jetzt bewohnten Dorf so viele verfallene Hütten?“ Erst ein Lächeln, dann die Antwort: „Dort haben wir vor kurzem gelebt, aber da ist heute kein Empfang mehr.“

Eins wird klar in Afrika: Nicht der Computer, das Handy wird das Endgerät des globalen Kommunikationszeitalters sein.


7. Kohle
In Südafrika scheint die Sonne. Im kalten Winter, wenn der Stromverbrauch wegen der Elektroheizungen (solares Bauen kennt man kaum) dramatisch steigt, scheint sie besonders intensiv vom immer wolkenlosen stahlblauen Himmel. Aber eines hat sich seit Jahrzehnten kaum geändert: Strom kommt fast ausschließlich aus Kohlekraftwerken. Heute hat Südafrika deswegen einen besonders hohen CO2-Ausstoß. Denn Kohle gibt es genug.

Es wäre ein Leichtes, die großen Wüstenflächen des Landes mit einem Solarprojekt zu nutzen, wie dies etwa das Projekt Desertec in der Sahara vorsieht. Doch noch hat das Umdenken kaum eingesetzt. „Öko“ ist nur insofern am Kap gelandet, als Plastiksackerln in Geschäften Geld kosten.


Ausblick
„Give us 10.000 days“, meinte jüngst ein weiser schwarzer Lehrer, der auf die enormen Probleme seines Landes angesprochen wurde. „Then we’ll fix it.“ We will.

Ithuba auf orf.at

sehr schöne Geschichte über unser Ithuba auf orf.at: https://tinyurl.com/38cgu9a

Leadership. Wo bleibt sie?

Kaum jemand kann sich die Summe wirklich vorstellen: 750 Mrd Euro waren da. Plötzlich innerhalb einer Nacht.Zur Rettung des Euro, sagen die Wohlmeinenden. Damit die großen Geldvermögen auch weiter Zinsen bekommen und nur ja nicht gefährdet sind, sagen die Kritiker. Jedenfalls: “Die Politik” hat einen überraschenden Kraftakt gesetzt.
Es roch ganz kurz nach “leadership”.
“Leadership”, übersetzen wir es als kraftvolle, mutige Führungsstärke, fehlt sie nicht in nahezu allen Bereichen der Politik?
Wenn (nicht nur, aber auch in) Österreich seit Jahrzehnten das Vertrauen in “das Politische” sinkt, die Reaktion weiter Teile der Bevölkerung zwischen Enttäuschung, Gleichgültigkeit und Zorn oszilliert, dann wohl weniger weil so viel, möglicherweise falsche “leadership” gezeigt wird, sondern gar keine.
Die Probe aufs Exempel: Seit Jahren, nein seit Jahrzehnten sollen “grundlegend reformiert” werden: Unser Gesundheitssystem, unser Schulwesen, der Kompetenzwirrwarr zwischen Bund und Ländern, unsere Hochschulen, und eine persönliche Priorität sei auch noch erwähnt: der Klimaschutz.
In all diesen Bereichen wäre leadership notwendig. Leadership, welche Beharrungskräfte in Schranken weist, die Bevölkerung motiviert, ja sogar für “das Öffentliche” begeistert, und geschickt Allianzen schmiedet.
Das enorme Dilemma unserer Demokratie liegt darin, dass fast niemand unseren politischen Eliten derartige leadership zutraut. Aber wenn sie sich nicht erneuert, ihre Leistungskraft beweist, dann ist sie gefährdet, akut gefährdet.
Eine These, ein Beispiel:
Politik soll sich da erneuern, wo sie herkommt,da wo es vergleichsweise leicht ist, auf der lokalen, der kommunalen Ebene. Sprechen wir von Wien.
Das ganz bewußt gewählte Beispiel, die Reform der Pflichtschulen.
Folgenden muß doch zu stemmen sein, mit ein bißchen leadership. Die besten Lehrer werden gesucht und motiviert, in jene Schulen zu gehen, wo Kinder besondere Untersützung brauchen, weil sie vom Elternhaus kaum gefördert werden.Zur Leitung der Schule werden ausgewiesene Führungspersönlichkeiten (unbeschadet der Parteizugehörigkeit) ernannt. Den Schulen wird Freiheit gegeben, ihre Methoden, ihre Zeiteinteilung selbst zu wählen.
Ziel: Mit 15 Jahren können alle sinnstiftend lesen und schreiben und beherrschen Deutsch sowie zumindest eine weitere Sprache.
Das zu erreichen bräuchte bloß ein wenig leadership. Aber wo ist sie?
PS: Dies ist,so der Wunsch der Presse, bis zur Wahl am 10.Oktober meine letzte Kolumne.(dieses PS ist an die Leser der Printpresse gerichtet)
(bis hierher meine Kolumne in der aktuellen Print-Presse)
PPS: Super, daß es blogs gibt, hier kann ich schreiben, wann, was und wieviel ich möchte (dieses PS gehört hierher)

Warum der Verbrennungsmotor Zukunft hat

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Algen
Wie wird das Auto in Zukunft angetrieben?
Elektrisch?
Oder ganz anders.
Über nachfolgende Antwort hab ich sehr lange nachgedacht, und auch ein wenig nachgerechnet.
Freu mich auf eine sicher spannende Diskussion:

Warum der Verbrennungsmotor Zukunft hat
oder
Wann kommt das Auto auf die Alge?



Ein Zauberwort scheint die Automobilindustrie zu beflügeln: Elektromobilität. Auf allen Automessen werden Prototypen präsentiert, Abermilliarden werden in die Forschung gesteckt, und die Öffentlichkeit erhält ein eindeutiges Bild: In einigen Jahren wird, endlich, der ölgetriebene Verbrennungsmotor samt seiner klimaschädlichen Abgase durch den hocheffizienten abgasfreien Elektromotor abgelöst.
Der Zauber wirkt. Sehr viele Menschen warten darauf.
Sie warten vergeblich.
Das ist der eine Kern meiner These.
Der andere: Es gibt eine, in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Energieträger, der viel rascher und v.a. viel billiger als der Elektromotor eine Großteil der Probleme von Autos lösen kann.
Aber der Reihe nach.
Elektromobilität hat eine Reihe von Vorteilen.
Aber einen so gravierenden Nachteil, daß auch in zwanzig Jahren noch die überwältigende Mehrheit der Autos nicht damit fahren wird.
Die Vorteile: Abgasfrei (im Betrieb) und auch hocheffizient. Während eine Verbrennungsmotor kaum 30% des eingesetzten Sprits in Bewegung umsetzen kann, der Rest geht als Wärme verloren, sind es beim E-Motor an die 90%.
Aber sein Nachteil wird den breiten Durchbruch bei Autos verhindern.
Denn die Energiedichte von Benzin und Diesel ist allen Batterien haushoch überlegen.
Entspricht ein Liter Benzin ca 10 kwh, so wiegt eine Bleibatterie, die diese Energiemenge speichern möchte satte 300kg. Andere Batterietechnologien sind zwar leichter, kommen aber bei weitem an Sprit nicht heran.
Deswegen muß in alle heute vorgestellten E-Autos einige hundert Kilogramm Batterie gepackt werden, um dann 200 fahren zu können.
Zusätzliches KO Kriteruim. Derartige Batterien allein kosten 10 000 Euro aufwärts, also mehr als ein Kleinwagen.
E-Auto wird also noch lange heissen: Deutlich weniger Auto (begrenzte Reichweite; wie im Winter heizen?) um deutlich mehr Geld. Diese Rechnung kann und wird nicht aufgehen.

Aber hier soll nicht resigniert werden, sondern der Blick auf eine naheliegende, seit hunderten Millionen Jahren ausgereifte und bewährte “Technologie” verwiesen werden.
Denn wir wollen, nein müssen aus zwei Gründen weg vom Erdöl: Erstens wegen unseres Klimas und zweitens, weil wachsende Nachfrage (China, Indien) auf sinkendes Angebot (peak oil) stösst.
Es ist schlicht denkunmöglich, dass die halbe Welt ihre Autos mit fossilen Brennstoffen antreibt.
Vor einigen Jahren galten Biotreibstoffe als die große Alternative, “Biosprit” aus Raps,Weizen, Mais oder Zuckerrohr boomte.
Dann folgte die große Ernüchterung: Diese Art von Biosprit verdrängt die Nahrungsmittelproduktion, ausserdem muß viel Energie (Dünger) eingesetzt werden, um “Biosprit” zu erzeugen, oder schlimmer noch: Für Palmplantagen wird Regenwald abgeholzt.
Dann ist keine Alternative.
Und doch gibt es eine: Algen!
Sie benötigen zu ihrem Wachstum bloß Wasser und Sonnenlicht, und produzieren ölhaltige Biomasse, indem sie durch Fotosynthese CO2 binden und so nebenbei Sauerstoff “emittieren”.
Ohne Algen, und ihre Sauerstoffproduktion gäbe es kein Leben auf der Erde.
Klug hergestellt, stehen sie in keinster Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, denn sie könnten auf Brachland (Wüsten) gezüchtet werden, wo Wasser (Meer) nahe ist.
In hohen schlanken Gefässen gezüchtet, um die 3. Dimension zu nutzen, hätten sie eine signifikant höhere Flächenproduktivität als alle anderen “flachen” Formen von Biosprit.

Algen_Oelproduktion

Mittels technologisch verhältnismäßig einfachen Formen der Raffinierung können daraus Treibstoffe gewonnen werden.
Jetzt noch die letzten zwei Vorteile:
Die Kosten. Es wird nämlich immer vergessen, dass bloss max. 15% der gesamten Autokosten auf Treibstoff entfallen. Selbst wenn dieser “Algensprit” in der Herstellung das Doppelte kostet wie heute Rohöl, im Vergleich zum Preis einer Batterie ist das vernachlässigbar.
Der andere Vorteil betrifft die Geschwindigkeit der Umstellung. Hier möge man vom Biosprit lernen. Eine simple EU-Richtline verpflichtet die Staaten heute schon 5,8% Biosprit beizumischen.
Diese einfache Maßnahme hat dazu geführt, daß innerhalb von nur vier Jahren Biosprit doppelt soviel zu “erneuerbarer Energie” zusätzlich beisteuert als das gesamte “Ökostrom”-wachstum, mit allen Wind- und Solaranlagen.
Wir haben die Technologie und v.a. auch die politischen Instrumente.
Auch wenn es sich ein wenig ungewohnt anhört.
Der Verbrennungsmotor, angetrieben von Sprit aus Algen, das scheint die Zukunft des Autos zu sein.
Elektromobilität hingegen ist perfekt für Räder, Roller sowie neue kleine noch zu entwickelnde Leichtfahrzeuge geeignet. Hier boomt sie bereits.
Das Automobil muß erst noch auf die Alge kommen.
(meine Mobilitätskolumne im aktuellen falter)

Einladung: Südafrika, Ithuba und die Menschenrechte

Wir möchten Euch am 1. Juni abends ins Gartenbaukino einladen.
Euch Bilder aus Südafrika zeigen und Geschichten erzählen.
Thema des Abends:
Über Südafrika, Ithuba, eine Schule in einem township und die 30 Artikel der Menschenrechte.

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Ithuba Schüler stellen Artikel 3 der Menschenrechte dar (am Foto:ein Detail)
Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person

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die gesamte Schülergruppe während einer Fotopause



Ithuba: das ist eine Schule südlich von Johannesburg, die wir 2008 gegründet haben, und die von verschiedenen europäischen Architekturfakultäten Stück um Stück erweitert wird.
“Build together - learn together” , so unser Motto dort.

Lukas Hüller & Juliane R. Hauser, zwei Künstler aus Wien, haben mit den
Jugendlichen unserer Schule und den Künstlern Armin Guerino aus Wien, Kevin Harrison aus England und Laurent van Wetter aus Belgien ein aussergewöhnliches Projekt realisiert:
Es stellt die berühmten und doch viel zuwenig bekannten Artikel der Menschenrechte in großformatigen, inszenierten Bildern dar.

Diese wollen wir Euch am 1. Juni zeigen.

Was wir versprechen können:
Es wird ein ganz besondere Abend, mit Geschichten und Bildern aus Südafrika, wie man sie sonst kaum sieht.
Ausserdem sind wir auch sehr stolz, was hier gelungen ist, und würden es Euch sehr gerne vorführen.

Falls ihr kommen wollt.
Bitte anmelden unter: ithuba.gartenbau@gmail.com
Kartenausgabe 1. Juni ab 19.00 im Gartenbaukino
Es gibt Getränke,
mit unseren Geschichten und den Fotos beginnen wir pünktlich um 20.30

wir freuen uns auf Euer Kommen

Christoph Chorherr & Lukas Hüller

uawg: ithuba.gartenbau@gmail.com

PS: Wenn Ihr Freunde kennt, für die dieser Abend auch interessant sein könnte, schickt dieses Einladung - vielleicht mit ein paar persönlichen Zeilen- einfach weiter.
danke!

Think big!

Die Aschewolke des Unaussprechlichen hat sich verzogen.Flugzeuge starten und landen wieder, als wäre nichts gewesen. Die öffentlchen Debatten konzentrieren sich jetzt zurecht auf die Ölpest im Golf von Mexiko und die griechische Tragödie.Vergessen scheint, daß es ernsthafte und spannende Debatten darüber gab, wie unser Leben aussähe, wenn für Monate, ja selbst ein ganzes Jahr kein Flugzeug aufsteigen könne.
Versuchen wir eine Verknüpfung dieser drei Megaereignisse, Vulkan,Öldrama und Schuldenkrise, und leiten ein großes europäisches Projekt daraus ab.
Dieses sollte uns unabhängiger von Flugverkehr und Erdöl machen, und sinnvolle Impulse gegen die Wirtchaftskrise setzen.
Da gäbe es etwas: Die europäische Bahn.
Wer heute aus Wien, oder aus jeder beliebigen anderen europäischen Stadt in eine andere reisen möchte, denkt sofort ans Auto oder das Flugzeug. Denn die Bahn in langsam, umständlich, oft unzuverlässig und mit ihrem Kundesservice veraltert.
Zwei Beispiele aus Wiener Sicht.
1989 fiel der eiserne Vorhang. Von Wien nach Bratislava sind es 65 km. Die Bahnstrecke war nicht einmal elektrifiziert, und man benötigte rund eine Stunde, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von weniger als 80km/h entspricht.
Und heute? Die Situation ist unverändert, die schnellste Verbindung dauert 57 Minuten, bloß sind die damals schon alten Garnituren noch 20 Jahre älter.
Oder von Wien nach Prag: Auch heute noch zuckelt lähmend langsam ein Zug viele Stunden lang dahin. Meist muß man sogar umsteigen.
Attraktive Angebote werden jedoch sofort angenommen. Die gar nicht billige Schiffsverbindung von Wien nach Bratislava ist ein Renner.
Denn es geht nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch um Komfort und ein Fahrerlebnis.
Dieses große europäische Projekt ist überfällig. Ausbau der Bahnverbindungen, um jedenfalls eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ohnehin bescheidenen130 km/h zu garantieren; ein wirklicher “highspeed-train” a la TGV wäre das ohnehin nicht.
Und dazu: Attraktive Nachtverbindungen mit individuellen Schlafmöglichkeiten samt wirklich guten Restaurants in den Zügen.
Dann steigt man so um 19.00 am Abend in den Zug, egal in welcher Metropole und kommt am nächsten Tag in der Früh an seinem Ziel an.
Ob nach London, Rom oder Kopenhagen.
Übrigens. Die mit Abstand meisten Flieger, die in Schwechat starten, haben Strecken kürzer als 1200 km, wären also mit derarigen Zugsnachtverbindungen leicht zu ersetzen.
Liebes Europa, das kann doch nicht so schwer sein!

(meine aktuelle Pressekolumne)

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    Wer dich kennt,
    wird dir niemals unlautere Absichten unterstellen....
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    Ein besonders krasses...
    ... dafür wie leicht es in der heutigen Medienwelt...
    Martin Schimak - 26. Okt, 14:16
    Lieber Christoph! Vielleicht...
    Lieber Christoph! Vielleicht währe es, gerade als...
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