Reden wir über Reichtum
von cc am 18.04.2010

"Wer reich stirbt,
stirbt in Schande"
Andrew Carnegie
Zurecht wird viel über Armut gesprochen. Sie nimmt nachweislich zu. Man vergleiche bloß die Preisentwicklung von Lebensmittel, Mieten und Energie, Produkte, die von armen Menschen überproportional gekauft werden(müssen) z.B. seit dem Jahr 2000 mit der Entwicklung von Transferleistungen, wie Sozial- oder Notstandshilfe. Letztere sind kaum gestiegen.
Oder man erkundigt sich bei den Mitarbeitern der Caritas bzw ähnlichen Organisationen, und wird ein einhelliges Bild erhalten: Die Armut in Österreich nimmt zu.
Sprechen wir heute trotzdem über Reichtum, und über jene Menschen, die darüber verfügen, denn das passiert viel zu wenig. Anlaß sei nicht ein Anfall von Neid, sondern eine lobenswertes Engagement. Samstag Abend verlieh Baumax Eigentümer Martin Essl zum dritten Mal seinen Essl Sozialpreis, immerhin mit 1 Mio Euro dotiert.
Martin Essl gehört zu einer Minderheit. Denn von den 3300 Privatstiftungen in Österreich, welche ein geschätztes Vermögen von 100 Mrd Euro beherbergen, sind bloße 220 gemeinnützig. Und nur eine kleine Zahl verwendet ihre Erträge wie Martin Essl dazu, auch gemeinnütziges Engagement zu finanzieren.
Gänzlich anders ist die Situation in Deutschland: Hier gibt es beachtliche 16000 gemeinnützige Stiftungen, die von Bildung über Kultur bis in den sozialen Bereich signifikante Leitungen erbringen.
Jetzt wäre ein ausgezeichneter Zeitpunkt eine große Weisenstellung einzuleiten. Gefordert ist der Gesetzgeber. Denn es ist überhaupt nicht einzusehen, daß Stiftungen, welche ausschließlich den rein eigennützigen Zwecken der Stifter dienen, also bloß deren Vermögen mehren sollen, steuerlich genauso behandelt werden wie jene, welche Erträge auch oder gar ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwenden.
Zumindest die Frage darf gestellt werden, warum gerade Sozialdemokraten (das österreichische Privatstiftungsrecht wurde unter Finanzminister Lacina eingesetzt) offensichtlich so große Schwierigkeiten mit einem autonomen gemeinnützigen Sektor haben, da sie anders als in der Schweiz, Deutschland oder den USA den Stiftungen keinerlei Anreize für gesellschaftliches Engagement abverlangt haben.
“Wer reicht stirbt, stirbt in Schande"stellte lapidar der amerikanische Milliardär und große Stifter Andrew Carnegie fest.
Würden Österreichs Privatstiftungen bloß zwei Prozent jährlich für gemeinnützige Tätigkeit verwenden, wäre das mehr als zwei Milliarden Euro. Heute sind es beschämende 40 Millionen. Gesetzgeber aufgewacht!
(meine aktuelle Pressekolumne)
Nachgefragt
Stiftungen dienen doch immer einem Zweck abseits der Vermögenserhaltung. Was ist für Sie nun gemeinnützig, und was eigennützig (wenn man z.B. an die Förderung einer bestimmten Institution denkt, wäre das für Sie gemeinnützig?)?
Aus welcher Quelle beziehen Sie Ihre Zahlen, meines Wissens gibt es keine vollständige Liste aller Privatstiftungen inklusive ihrer Zwecke für Österreich?
Und: Eigennützige Privatstiftungen sind, sofern nicht ausgenommen, unbeschränkt steuerpflichtig (siehe hier, 1.2.1.1). Da für gemischt- und gemeinnützige Privatstiftungen anderes gilt (1.2.1.2 und 1.2.1.3), wäre Ihre Behauptung der steuerlichen Gleichbehandlung falsch (außer ich übersehe etwas).
Stiftungen stiften nur Zwietracht
"...Zum Vergleich der Stiftungsszene in Deutschland: dort gibt es nach aktuellen Meldungen rund 14.000 Stiftungen, und davon sind überwältigende 95 % als gemeinnützig registriert..."
Heutige Meldung zum Budget: Regierung plant 4,1 Mrd. Euro neue Steuern: https://orf.at/?href=http%3A%2F%2Forf.at%2Fticker%2F365480.html
„Für die Steuerpläne der Regierung liegt nun erstmals eine Gesamtzahl auf dem Tisch. …Macht in Summe also Steuererhöhungen um 4,1 Mrd. Euro - womit selbst die gleichzeitige Umsetzung der Vermögenssteuerpläne der SPÖ und der Ökosteuerpläne der ÖVP nicht ausreichen würde, um diese Summe hereinzuspielen.“
Na fein, und woher kommts? Von Ihnen, von mir?
Österreicharm ist eines der reichsten Länder der Welt mit den größten privatisierten Vermögen, aber es hat dadurch einen sehr, sehr armen Staat. Der Neoliberalismus sorgte sehr rührend dafür, dass besonders Vermögende immer weniger Abgaben zu leisten hatten. Derlei Lästigkeiten wie Steuern und Arbeit überließ man lieber der breiten Masse der Arbeitenden und Konsumenten, die durch möglichst viel Frust, möglichst mehr konsumieren sollten als sie verdienten. Das freute die Banken. Auch möglichst viel Ungesundes, denn aus jedem Missstand, Ärger, Leid und aus jeder Krankheit lässt sich von der Wiege bis zur Bahre noch wunderbar profitieren.
Leider fehlen die Steuerabgaben von den Profiteuren nun hinten und vorn. Bei Bildung, Sozialstaat, Kassen, Gesundheit, Justiz, Sicherheit, Umweltschutz, bei den explodierenden Staatsschulden, und, und, und.
Die Umverteilung durch Transferleistungen findet seit Abschaffung der Vermögenssteuern 1993 großteils unter den Arbeitenden selbst statt. Und zwar nach dem Prinzip: Wer schon hat, dem wird noch kräftig gegeben. Österreich vergibt EU-weit höchste Sozialleistungen an Reiche und entlastet sie. Eine Grundsteuer auf Basis des 30 Jahre alten Einheitswertes führt z.B. zu einer lächerlich geringen Besteuerung von Großgrundbesitzern.
Auch wenn es jetzt durch zynische Neiddebatten simuliert werden soll, bei m Gros der arbeitenden Steuersklaven ist nichts mehr zu holen, und bei den sozial Schwächsten schon gar nicht. Unter Berücksichtigung der Inflation soll es für Arbeitnehmer seit 1989 bereits zu einem Einkommensrückgang um rund 12% gekommen sein, während Preise und Fixkosten massiv stiegen. Mieten kletterten von 2001 bis 2006 um über 20%. Grundsteuern werden von Hauseigentümern gerne undurchsichtig als Betriebskosten deklariert und auf die Mieter abgewälzt. Zwei Drittel der Immobilien sind im Besitz der reichsten 10 Prozent.
Laut Wifo-Chef Alois Guger verdoppelte sich die Lohnsteuerquote seit den 70er Jahren von 7,5 % auf 15,4 %. Gleichzeitig sanken die Steuern auf Vermögen von 12 % auf 10,3%.
Die steuergeminderten Einkommen von Spitzenmanagern, Börsianern, Spekulanten, Immobilienbesitzern, Konzerneignern, Großgrundbesitzern etc. erreichten ungeahnte Höhen. Spitzenmanger-Einkommen explodierten bis zu einem Verhältnis von 450 : 1, im Vergleich zu einem gewöhnlichen Arbeitssklaven.
Während die ausgebeutete Bevölkerung unter dieser Schieflage ächzt und durch Wegbrechen von Erwerbsarbeitsplätzen und brauchbaren Ausbildungen immer mehr verarmt, wurden auch die Löhne „sozialisiert“. Denn von den 165.000 Sozialhilfebeziehern sind laut Sozialminister Hundsdorfer z.B. nur 16.000 Dauerempfänger. Alle anderen sind Aufstocker, Workingpoor, die trotz Arbeit zu wenig verdienen um davon leben zu können. Die Unternehmen hatten einfach keine Lust mehr fair zu entlohnen und Arbeitnehmer sozial abzusichern - dort gilt das Lustprinzip.
So kommt die arbeitende Bevölkerung irgendwann für alles auf, was die reichsten Profiteure, Krisenverursacher, Konzerne und Steuerverweigerer nicht leisten wollen.
Der Steuerexperte Werner Doralt hielt die Siftungsprivilegien bei Stiftungen schon bei ihrer Einführung für verfassungswidrig und bezeichnete sie als "große Sauerei": https://derstandard.at/3331171
Diese Steuerprivilegien wurden in einer Nacht- und-Nebelaktion eingeführt. Wie so vieles, was uns nun Kopf und Kragen kostet, an der Öffentlichkeit vorbeigeschummelt und hintenherum beschlossen zum Gesetz gemacht wurde. Das nennt sich dann „Demokratie“. Sozial-demokratisch-christlich-sozial-freiheitlich-national. ALLE Parteien außer den Grünen wollten diese Privilegien für Superreiche beibehalten.
Aber diese Umverteilung funktioniert nicht: https://derstandard.at/1268701041528/STANDARD-Interview-Die-Umverteilung-funktioniert-nicht#forumstart
Zitat Werner Doralt: "Das österreichische System erfüllt diese Aufgabe schon deswegen nicht, weil wir mit dem Stiftungswesen eine Umdrehung der progressiven Steuerlast haben: Normalerweise sollte jemand umso mehr Steuern zahlen, je mehr er verdient. Durch die Stiftungsbegünstigung ist das anders. Wenn jemand viel verdient, bringt er sein Vermögen in die Stiftung ein, wofür er aber weniger zahlt."
D.h. je reicher jemand ist, desto weniger Steuern muss er bezahlen. Dafür sorgten u.a. die Senkung der KÖST von 34% auf 25% und Gruppenbesteuerung für große internationale Konzerne, die sich durch Beteiligungen im Inland jeglicher Gewinnsteuern entziehen können. Die Bank Austria versteuert ihren Gewinn von 1,1 Milliarden Euro 2009 mit Null Cent .
Doch man staune, das System funktioniert auch umgekehrt manisch-depressiv. Nach OECD und Wifo stieg die Abgabenlast hierzulande seit Jahren besonders für Gering- und Durchschnittsverdiener.
Ein wegrationalisierter Arbeitsloser rechnete sogar vor, dass Arbeitslose prozentuell die höchsten Steuern bezahlen. Arbeitslose dürfen sich derzeit insgesamt glücklich schätzen. Trotz durchgehendem Frustprinzip stieg die Kundenzufriedenheit enorm an! Es kommt zu einem regelrechten Ansturm auf Arbeitsämter und Sinnlos-Kurse. Laut AMS waren pro offener Stelle bereits 11,6 Personen vorgemerkt. Das Arbeitslosengeld liegt in Österarm zwar unter der sozialen Härte von Hartz4, was als verfassungswidrig niedrig eingestuft wurde, aber das stört keinen. Nach Angaben des AMS wurden im Vorjahr 93.000 Sperren von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe veranlasst, was zur Freude von Krankenhassern häufig auch automatische Sperren der E-Cards nach sich zog. Im Jahre 2000 waren es erst 56.000: https://www.ams.at/ueber_ams/14169_22897.html
Am sozialen Abstieg, der sehr rasch gehen kann, wird tüchtig programmiert. Mit Leistung, Fairness, Recht und Gerechtigkeit hat unser Leistungsprinzip aber nichts mehr zu tun. Wie eine Studie zeigt, leisten Putzkräfte für die Gesellschaft sogar mehr als Banker: https://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31727/1.html
Man muss zweierlei auseinanderhalten
Wenn ich einen Kommentar, eine Kolumne o.ä lese, und nach relativ kurzer Recherchezeit auf Widersprüche stoße, und die Möglichkeit habe nachzufragen, dann tue ich das: Ich will nämlich wissen auf welcher Basis die Behauptungen stehen (das ist ein sehr wichtiger Bestandteil des Verhältnisses von Bürger und Politiker).
Das ist ganz unabhängig davon, ob im (Sozial)staate Österreich alles Gut und Richtig läuft (deswegen geht Ihr Kommentar etwas am Thema vorbei, auch wenn es zweifellos ein wichtiges ist).
Ich verstehe also nicht ganz warum ich die "Wucht" Ihres Kommentars abbekommen habe...
Das verstehen Sie noch immer nicht?
Was sollten Ihre Fragen überhaupt? Ist es Ihnen noch immer nicht schamlos genug, wenn die Reichsten in der Krise, die sie verschuldeten, keine Steuern bezahlen?
Ganz egal wohin man sieht und welchen Behauptungen man näher nachgeht, außer Lügen, Gier, Geiz, Betrug, Hohn und Verarschung ist nichts zu finden.
Das ist eine Charakterkrise!
Eine Schweinekrise!
Verstehen Sie das besser?
Daher werden Sie sicher verstehen, wenn ich unser "Gespräch" nicht fortsetze. Ich wünsche noch einen schönen Tag.