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Inflation II - ein lehrreicher & amüsanter Dialog

also, gibts jetzt "zuviel Geld" oder nicht, nachdem Notenbanken wie wild "Geld drucken".
Ökonomie kann lehrreich und amüsant sein:

Keynesianer: Was heißt denn hier, die Geldmenge wurde zu sehr ausgeweitet? Die Zentralbanken haben bloß so viel Geld gedruckt, weil in der Krise anderswo kaum Geld entstand – etwa bei den Banken, die ängstlich sind und zu wenige Kredite vergeben. Unterm Strich ist doch gar kein Extrageld entstanden.

Monetaristen: Wie kurzsichtig! Wenn die Wirtschaft erst wieder an Fahrt gewinnt, vergeben auch die Banken erneut Kredite, und dann gibt es schnell ein riesiges Überangebot an Geld. Solche Dinge geschehen mit einer Zeitverzögerung von bis zu zwei Jahren – aber dann sprunghaft. Vielleicht haben Sie dann fünf Prozent Inflation, vielleicht aber auch fünfzig. Das ist eine unkalkulierbare Gefahr.

Keynesianer: Nein, das ist ein Königreich für die Herren Stabilitätswächter bei den Zentralbanken. Dann können sie sich nützlich machen und das Extrageld durch Wertpapiergeschäfte und höhere Zinsen wieder einsammeln.

Monetaristen: Schöne Idee, aber politisch ist das doch kaum durchzusetzen. Wenn Notenbanker auf die Bremse treten, bedeutet das zum Beispiel mehr Arbeitslosigkeit. Wenn Notenbanker aber locker lassen, schmelzen die Staatsschulden, sinken die Sozialkosten, und sogar diese eklatanten Schieflagen in Südeuropa lassen sich besser ertragen. Jetzt raten Sie mal, was den Politikern besser gefällt.

Keynesianer: Genau deswegen ist die Europäische Zentralbank ja unabhängig von der Politik. Und sie ist, mit Verlaub, randvoll mit Monetaristen.

Monetaristen: Die Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme sind trotzdem groß. Und wenn mehr und mehr Euro-Länder unter ihren Schulden ersticken, stellen eines Tages die Notenbankpräsidenten aus Defizitländern die Mehrheit im EZB-Rat…

Keynesianer: Jetzt malen Sie Teufel an die Wand.

Monetaristen: Und Sie sollten sich schämen, hier Frivolitäten vorzuschlagen. Ein paar Prozent mehr Inflation? Reden Sie noch lauter! Erzählen Sie das den Gewerkschaften und den Unternehmern! Wenn alle damit rechnen, dass das Geld sowieso entwertet wird, fallen die nächsten Preis- und Lohnerhöhungen umso saftiger aus.


zitiert aus der Zeit. Das ist der ganze - lesenswerte Artikel
Stephanie K. (Gast) - 15. Mär, 14:05

*lach* ein wirklich sehr amüsanter Artikel. Trotz des ernsten Themas - ich habe wirklich selten so viel gelacht. Ich gehe jetzt erstmal shoppen - man weiß ja nie, wie sich das mit der Inflation weiter entwickelt.. ;)

dieter (Gast) - 15. Mär, 21:49

Die Zeit hat keine Ahnung.

Der Keynesianer aus dem Beispiel ist ein Monetarist und der Monetarist ein "Austrian", also ein Anhänger der österreichischen Schule der Nationalökonomie.

Milton Friedmans zentrale These zur großen Depression war, dass die FED Schuld war, weil sie die Geldmenge schrumpfen ließ. Friedman forderte ein stabiles Geldmengenwachstum.
Das Geldmengenwachstum kam im Euroraum aber zum Erliegen:
Monetary aggregate M3

Ein Monetarist würde also die FED und die EZB dafür verurteilen, dass sie zu wenig und nicht zu viel Geld drucken. Milton Friedmans Schüler Scott Summer tut genau das.

Keynesianer sind skeptisch, dass man mit Geldpolitik alleine zum Erfolg kommt und sie fordern daher zusätzlich antizyklische Staatsausgaben.

Und dann gibt es die Austrians, wobei in Sachen Geldpolitik viele Menschen intuitive Austrians sind. Sie glauben wohl, dass die Geldmenge durch Banknoten erhöht wird, also das "Geld drucken" wörtlich gemeint wäre. Im Fernsehen werden ja auch ständig, wenn von ankurbelnder Geldpolitik die Rede ist, Notenpressen eingeblendet. Das ORF-Magazin €co hatte einen ganzen Beitrag über die Herstellung von Dollars. Die sind deswegen extra in die USA gereist um dort vor Ort zu berichten, wo ja jetzt besonders viel gedruckt werden müsse.

Echte Austrians wissen, dass Geldschöpfung anders läuft und ihre Lösungen sind etwas wirr und widersprüchlich, aber jedenfalls glauben sie, dass der böse Staat das Geld verpfuscht und behaupten praktisch immer, dass die Zinsen zu niedrig wären oder zu niedrig waren und auf keinen Fall gesenkt werden sollten.

Aber dieser kontraktionäre Ansatz deckt sich eher mit dem Monetaristen von Der Zeit.

Steff (Gast) - 16. Mär, 09:15

Warum ist der Dialog lehrreich?

Das es unterschiedliche Interpretationen der Realität gibt ist jetzt nicht sonderlich überraschend.

Irreführend ist, meiner Ansicht nach, dass sowohl der "Keynesianer" als auch der "Monetarist" so stark auf die Unabhängigkeit der EZB pochen. Die Hauptaussage des Dialogs wird dadurch: Die Unabhängigkeit der EZB (bzw. der Geldpolitik) ist unbestritten. Das entspricht aber keineswegs der Realität, ist aber sehr wohl eine stark interessensgleitete deutsche Position.

Uwe (Gast) - 22. Mär, 13:54

Der ist echt sehr amüsant der Text. Gelungener Artikel ;)

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