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Utopisches zum Grant

Nachfolgende Pressekolumne hab ich letzte Woche in Südafrika geschrieben, wo all das fehlt, was "die Fee" beschreibt.
Trotzdem wird dort viel mehr gelacht als bei uns.

Utopisches zum Grant

Versetzen wir uns in zwei Personen.
Die eine: Sie lebte irgendwann in einem der letzten Jahrhunderte. Die andere: Sie lebt heute in einem township in Afrika, in Asien oder Südamerika.
Zu beiden kommt eine Fee und erzählt ihr von einer Gesellschaft, in der für die überwiegende Mehrheit, der Bevölkerung folgendes selbstverständlich ist:
Wenn man hungrig ist, geht man in ein Geschäft in der Nähe und kauft sich einfach etwas zu essen.In der Wohnung gibt es fliessendes heisses und kaltes Wasser in Trinkwasserqualität.Ist es draussen kalt, schaltet man ein Gerät ein, und in der gesamten Wohnung wird es warm. Eine Toilette lässt geruchlos und hygienisch die Fäkalien verschwinden. Wird man krank wird, zückt man, ungeachtet seines Einkommens eine kleine bedruckte Karte und bekommt weitgehend kostenfrei medizinische Betreuung. Schulbildung ist ebenso gratis für alle, für jene die weiter entfernt sind, bezahlt der Staat den Transport.
Zur Arbeit, zu Freunden und Verwandten kommt man relativ einfach. Erschwingliche öffentliche Verkehrsmittel ermögliches es.
Auf den Strassen liegt kein stinkender Müll, er wird professionell weggeräumt. An die 90% aller Menschen, die arbeiten wollen, finden eine bezahlte Tätigkeit. Für jene, die arbeitslos sind gibt es eine Reihe von Fortbildungsmaßnahmen, und ebenso Zahlungen, um sie in der Zwischenzeit zu unterstützen.
Wird man alt, ist Einkommen, wenn auch manchmal bescheiden, für beinahe alle eine weitere Selbstverständlichkeit.
Jeder darf seine Meinung frei äussern, sie auch publizieren, und wenn er sich befähigt fühlt, sich als Politiker einer weitgehend fairen Wahl stellen.
Wie würde unser fiktiver Bewohner eines townships, dem nahezu alles fehlt, was hier beschrieben wurde, bzw. jener im 17. Jhdt Lebende auf diese Erzählung reagieren? Ungläubiges Staunen über nahezu paradiesische Zustände.
Ersterer riskiert deswegen oft auch alles, sogar sein Leben, um in dieses wundersame Land zu kommen.
Jetzt kommt das Unglaublichste an dieser Geschichte.
Denn die Fee fragt noch etwas: „Wieviel wird in dieser Gesellschaft gelacht, wie zufrieden und fröhlich sind diese Menschen?Auch wenn ihr mir das nicht glauben werdet: Sie haben große Angst, und wenn ihr ihnen auf der Straße begegnet, lachen sie ganz selten.“
Letztlich: Warum reagieren so viele aggressiv, wenn ich ihnen dies erzähle?
Grüner Zaungast (Gast) - 22. Feb, 11:43

Warum letztlich so viele aggressiv reagieren, wenn Sie, lieber Herr Chorherr, diese Fabel erzählen, möchte ich Ihnen gerne erläutern.
Es hat was mit der Erzählinstanz zu tun.
Wenn ein „Joe the Plumber“, ein gerade Vater gewordener Lehrling oder eine Hauptschülerin die Geschichte erzählen, werden alle sagen, „Respekt“, „menschliche Größe“ und zustimmend mit dem Kopf nicken.
Wenn ein nach hiesigen Verhältnissen abgesicherter grüner Politiker von der Erd-Süd-Halbkugel aus via schickem Notebook ein und die selbe Geschichte nach Wien sendet, dann kann das von oben genannten Menschen durchaus als realitätsfern, ganz, ganz weit weg... wahrgenommen werden, wenn nicht sogar als Hohn und Spott.
However, ihre Zielgruppe ist ja eh eine andere, insofern…

Markus Wagner (Gast) - 23. Feb, 12:02

Es sollte ja wohl egal sein von wem es kommt so lange es wahr ist.

Mir ist schon klar, dass Menschen so reagieren. Aber nix anderes beschreibt Chorherr doch hier: Dass Menschen nunmal leider relativ sind. Genauso wie einer "von oben" sowas anscheinend nicht sagen darf (obwohls wahr ist), genauso kann man den Wohlstand den selbst arme Menschen bei uns genießen wohl nur begreifen wenn man an einen anderen Ort oder eine andere Zeit geht. Und genau das ist ja die Problematik, die Chorherr anspricht wenn ichs richtig verstanden habe.
Volker (Gast) - 25. Feb, 07:17

Ich verstehe nicht, warum das nicht ein Christoph Chorherr sagen darf. All die Sachen, die er aufzählt, gelten zwar für ihn auch, aber doch oft umso mehr für die Leute, die du erwähnt hast (Sozialleistungen etc).
Der Lehrling hat einen Job, Schulbildung hinter sich, wirklich sehr viel (finanzielle) Unterstützung (KIndergeld, Familienbeihilfe, Wochengeld),...
Und was ist so respektabringend, wenn eine Hauptschülerin sagt, ja, mir geht es gut, ich lebe in gesicherten Verhältnissen?
Ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass sehr vielen meiner Mitmenschen völlig das Gespür dafür fehlt, in was für einer privilegierten Situation wir eigentlich leben. In globalem und historischem Maßstab leben 90-95% der Menschen in Österreich wie die Fürsten.
Wolfgang (Gast) - 26. Feb, 09:55

Zukunft?

Ich denk, das hat viel mit Zukunftsaussichten zu tun. "Dir gehts eh gut" wird interpretiert als "dir wirds in Zukunft wahrscheinlich nimmer so gut gehn". Der eher pessimistische Österreicher und extrem pessimistische Wiener legt immer alles so mies wie möglich aus, und da liegt die Interpretation nahe.
Allerdings kommts mir so vor, als ob die meisten die Krise eher locker nehmen, in der Hoffnung, dass es bergauf geht.

Drum glaub ich, dass der Ist-Zustand gar nicht so wichtig ist, sondern eher die Zukunftsaussichten.

a.m. (Gast) - 28. Feb, 19:34

mhhh, wer mehr Güter (auch immaterielle) besitzt, hat auch mehr Angst sie zu verlieren.
Genauso verliert sich da schnell der Blick auf das eigene Glück.

Aber andererseits, wer nichts mehr auszusetzen hat, kann auch nichts mehr verbessern! Ich glaube nicht, dass du da wirklich so zufrieden bist, wie Probleme in der Stadt Wien gelöst werden. Sonst wärest du ja nicht Politiker.
"Raunzen" hat also mit Fröhlichkeit, Lachen und dem Glück nur ein bißchen was zu tun. Man kann nämlich beides und trotzdem glücklich sein ;-)

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