Die Grünen und die Technik
von cc am 01.10.2009
"Edelfeder" Helmut Ganster hat im letzten trend einen Kommentar zum Verhältnis der Grünen zur Technik geschrieben.
(weil nicht online) hier:
gansterer (pdf, 248 KB)
Das konnte ich nicht so stehen lassen.
Hier meine Erwiderung:
chorherr_trend (pdf, 238 KB)
und auch im Volltext:
Die Grünen und die Technik
Geschichte einer späten Liebe-Eine Erwiderung auf Helmut Gansterer
Klischees ersparen das Nachdenken.Oder auch nur das genaue Hinschauen. Manche Klischees sind wenigstens originell, oder zumindest ein bisschen witzig.
Helmut Gansterers Kommentar im letzten Trend hatte denselben Titel wie dieser und das als Untertitel: “Über ein reizvolles und ärgerliches Kapitel der Menschheitsgeschichte.”
Daraufhin suhlt sich “die Edelfeder” im ältesten und dümmsten aller Klischee über die Grünen, kurz beschrieben in Gansterers Zitat, “Grün im Gesicht bei Wort Technik”, dass Grüne per se technikfeindlich seien.
Meist geht dieses Klischee einher mit “Sandalen und Latzhosen”, obwohl mir in meinem breiten grünen Bekanntenkreis kaum mehr jemand bekannt ist, der sich dergestalt kleidet.
Gansterer scheint in seiner Beschreibung angeblicher grüner Technophobie noch in den 80er-jahren zu stecken.
Tatsächlich gab es da heftigen Widerstand gegen bestimmte Technologien: Atom-und Kohlekraftwerke, aber auch andere Großtechnologien, die Mensch und Natur heftig schädigen.
Aber schon vom ersten Antiatomsticker lachte die Sonne herunter.
Schon längst haben wir Grüne eine vielleicht spät erwachte, dafür ganz besonders tiefe Liebesbeziehung zu einer Vielzahl technischer Innovationen entwickelt.
Alles was die unermesslich grosse Energiequelle, die alles Leben auf unserem Planeten erst ermöglicht, die Sonne direkt oder indirekt anzapft, ob direkte Sonnenenergie, mittelbar Windkraft oder Biomasse, hier kämpfen wir Grünen in Österreich oft recht einsam.
Jüngstes Beispiel: Rot und Schwarz verhinderten im Parlament einmal mehr, dass unglaublich intelligente deutsche Ökostromgesetz, das in unserem Nachbarland nicht nur zu einem Boom an erneuerbarer Stromerzeugung geführt hat, damit den Ausstoß klimaschädigender Gase reduziert sondern eine grosse Industriesparte hat entstehen lassen, die heute u.a. Solarmodule in die ganze Welt exportiert.
Oder:
Wenn heute Wien jene Großstadt ist, in der die meisten Wohnungen und Häuser der Welt in Passivhausqualität errichtet sind, so erlaube ich mir höchtpersönlich ein kleines Federl auf meine Hut (besser meinen Fahrradhelm) zu heften.
Passivhäuser: Kluge, optimal abgestimmte Technik führt dazu, dass Häuser im Winter warm, im Sommer kühl sind, ohne Heizung, ohne fossile Fremdenergie.
So nebenbei sind diese auch äusserst “sozial”, da die Energiekosten auf ein Minimum gesenkt sind.
Eine weitere Technologiesparte, wo zwischen Grünen und Industrie heftig geflirtet wird: Die Holzwirtschaft. Ein Rohstoff, weder gesät noch gedüngt, er wächst in grossen Mengen einfach “von selbst” nach, er emittiert bei seiner Produktion Sauerstoff, bindet CO2 und ist eine Produktionsfläche, die schlicht schön ist.
Bionik heisst jener Teil von Wissenschaft und Technik, der die Erfindungen der Natur, die in hunderten Millionen Jahren erprobt und bewährt sind, genau beobachtet und davon lernt. Diese Technik lieben wir mehr, als Gansterer je Autos lieben könnte.
Heftig muß ich Gansterer bei seinem zweiten Argument widersprechen.Er kritisiert uns als “blinde Autofeinde”, und preist moderne Autos, die “immer grüner werden”.
Seien wir an diesem Punkt nachsichtig; Helmut Gansterer Beziehung zu Autos ist abgöttisch und von tiefer Erotik durchdrungen; ihn und mich verbindet eine Bewunderung für schöne Oldtimer. Erst jüngst verbrachte ich einen wunderbaren Tag mit einer Fahrt in einem Triumph TR3 durch das Burgenland.
Aber Liebe soll nicht blind machen.
In Österreich kommen auf 1000 Einwohner rund 500 Autos. Tendenz übrigens immer noch steigend. In DEM Wachstumsland der Welt, China, kommen auf 1000 Einwohner derzeit rund 25 Autos.
Geschätzter Herr Gansterer, dieses Konzept von Automobilität kann sich als Weltmodell nicht ausgehen.
“Dieses Konzept” heisst: um eine Person von A nach B zu transportieren, welche mit Aktentasche und Laptop rund 100 kg wiegt, wird ein Gesamtgewicht von weit mehr als einer Tonne bewegt, durch einen Motor, welcher, allem technischen Fortschritt zum Trotz, kaum 30% Wirkungsgrad hat.
Weder haben wir dafür genug Öl, noch genügend andere Rohstoffe, denn die physische Erde ist nun einmal begrenzt.
Gerade dieser Tage schreit die deutsche Industriekammer zurecht Alarm, weil China immer stärker knappe Rohstoffe hortet,und in vielen Bereichen Engpässe und Preisexplosionen drohen.
Aber auch hier vertraue ich auf die Technik.
Natürlich hat auch der motorisierter Individualverkehr seine Zukunft, wiewohl der uralten wunderbaren Technologie des Fahrrads in Städten viel mehr Platz eingeräumt werden wird, schon allein deswegen, damit wir nicht alle immer fetter werden.
Das “Auto der Zukunft” wird statt zwei Tonnen irgendetwas zwischen 100 und 200 kg haben, eher mit einem überdachten drei-oder vierrädrigen Fahrrad gemeinsam haben, einen wegen seines geringen Gewichtes winzigen Elektro- oder auch Verbrennungsmotor haben, und zwei bis drei Personen mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 80km/h transportieren.
Dazu muss die Autoindustrie erst völlig umdenken.Oder es werden innovative “Aussenseiter” das Ruder übernehmen, wie etwa Stefan Pierers KTM. Diesem österreichischen Unternehmen traue ich die Entwicklung von revolutionären Ansätzen im Autobau im Übrigen sofort zu.
(weil nicht online) hier:
gansterer (pdf, 248 KB)
Das konnte ich nicht so stehen lassen.
Hier meine Erwiderung:
chorherr_trend (pdf, 238 KB)
und auch im Volltext:
Die Grünen und die Technik
Geschichte einer späten Liebe-Eine Erwiderung auf Helmut Gansterer
Klischees ersparen das Nachdenken.Oder auch nur das genaue Hinschauen. Manche Klischees sind wenigstens originell, oder zumindest ein bisschen witzig.
Helmut Gansterers Kommentar im letzten Trend hatte denselben Titel wie dieser und das als Untertitel: “Über ein reizvolles und ärgerliches Kapitel der Menschheitsgeschichte.”
Daraufhin suhlt sich “die Edelfeder” im ältesten und dümmsten aller Klischee über die Grünen, kurz beschrieben in Gansterers Zitat, “Grün im Gesicht bei Wort Technik”, dass Grüne per se technikfeindlich seien.
Meist geht dieses Klischee einher mit “Sandalen und Latzhosen”, obwohl mir in meinem breiten grünen Bekanntenkreis kaum mehr jemand bekannt ist, der sich dergestalt kleidet.
Gansterer scheint in seiner Beschreibung angeblicher grüner Technophobie noch in den 80er-jahren zu stecken.
Tatsächlich gab es da heftigen Widerstand gegen bestimmte Technologien: Atom-und Kohlekraftwerke, aber auch andere Großtechnologien, die Mensch und Natur heftig schädigen.
Aber schon vom ersten Antiatomsticker lachte die Sonne herunter.
Schon längst haben wir Grüne eine vielleicht spät erwachte, dafür ganz besonders tiefe Liebesbeziehung zu einer Vielzahl technischer Innovationen entwickelt.
Alles was die unermesslich grosse Energiequelle, die alles Leben auf unserem Planeten erst ermöglicht, die Sonne direkt oder indirekt anzapft, ob direkte Sonnenenergie, mittelbar Windkraft oder Biomasse, hier kämpfen wir Grünen in Österreich oft recht einsam.
Jüngstes Beispiel: Rot und Schwarz verhinderten im Parlament einmal mehr, dass unglaublich intelligente deutsche Ökostromgesetz, das in unserem Nachbarland nicht nur zu einem Boom an erneuerbarer Stromerzeugung geführt hat, damit den Ausstoß klimaschädigender Gase reduziert sondern eine grosse Industriesparte hat entstehen lassen, die heute u.a. Solarmodule in die ganze Welt exportiert.
Oder:
Wenn heute Wien jene Großstadt ist, in der die meisten Wohnungen und Häuser der Welt in Passivhausqualität errichtet sind, so erlaube ich mir höchtpersönlich ein kleines Federl auf meine Hut (besser meinen Fahrradhelm) zu heften.
Passivhäuser: Kluge, optimal abgestimmte Technik führt dazu, dass Häuser im Winter warm, im Sommer kühl sind, ohne Heizung, ohne fossile Fremdenergie.
So nebenbei sind diese auch äusserst “sozial”, da die Energiekosten auf ein Minimum gesenkt sind.
Eine weitere Technologiesparte, wo zwischen Grünen und Industrie heftig geflirtet wird: Die Holzwirtschaft. Ein Rohstoff, weder gesät noch gedüngt, er wächst in grossen Mengen einfach “von selbst” nach, er emittiert bei seiner Produktion Sauerstoff, bindet CO2 und ist eine Produktionsfläche, die schlicht schön ist.
Bionik heisst jener Teil von Wissenschaft und Technik, der die Erfindungen der Natur, die in hunderten Millionen Jahren erprobt und bewährt sind, genau beobachtet und davon lernt. Diese Technik lieben wir mehr, als Gansterer je Autos lieben könnte.
Heftig muß ich Gansterer bei seinem zweiten Argument widersprechen.Er kritisiert uns als “blinde Autofeinde”, und preist moderne Autos, die “immer grüner werden”.
Seien wir an diesem Punkt nachsichtig; Helmut Gansterer Beziehung zu Autos ist abgöttisch und von tiefer Erotik durchdrungen; ihn und mich verbindet eine Bewunderung für schöne Oldtimer. Erst jüngst verbrachte ich einen wunderbaren Tag mit einer Fahrt in einem Triumph TR3 durch das Burgenland.
Aber Liebe soll nicht blind machen.
In Österreich kommen auf 1000 Einwohner rund 500 Autos. Tendenz übrigens immer noch steigend. In DEM Wachstumsland der Welt, China, kommen auf 1000 Einwohner derzeit rund 25 Autos.
Geschätzter Herr Gansterer, dieses Konzept von Automobilität kann sich als Weltmodell nicht ausgehen.
“Dieses Konzept” heisst: um eine Person von A nach B zu transportieren, welche mit Aktentasche und Laptop rund 100 kg wiegt, wird ein Gesamtgewicht von weit mehr als einer Tonne bewegt, durch einen Motor, welcher, allem technischen Fortschritt zum Trotz, kaum 30% Wirkungsgrad hat.
Weder haben wir dafür genug Öl, noch genügend andere Rohstoffe, denn die physische Erde ist nun einmal begrenzt.
Gerade dieser Tage schreit die deutsche Industriekammer zurecht Alarm, weil China immer stärker knappe Rohstoffe hortet,und in vielen Bereichen Engpässe und Preisexplosionen drohen.
Aber auch hier vertraue ich auf die Technik.
Natürlich hat auch der motorisierter Individualverkehr seine Zukunft, wiewohl der uralten wunderbaren Technologie des Fahrrads in Städten viel mehr Platz eingeräumt werden wird, schon allein deswegen, damit wir nicht alle immer fetter werden.
Das “Auto der Zukunft” wird statt zwei Tonnen irgendetwas zwischen 100 und 200 kg haben, eher mit einem überdachten drei-oder vierrädrigen Fahrrad gemeinsam haben, einen wegen seines geringen Gewichtes winzigen Elektro- oder auch Verbrennungsmotor haben, und zwei bis drei Personen mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 80km/h transportieren.
Dazu muss die Autoindustrie erst völlig umdenken.Oder es werden innovative “Aussenseiter” das Ruder übernehmen, wie etwa Stefan Pierers KTM. Diesem österreichischen Unternehmen traue ich die Entwicklung von revolutionären Ansätzen im Autobau im Übrigen sofort zu.
Danke!
Gut, dass Du recht freundlich und höflich und sachlich geantwortet hast. Mir würde das wohl nicht gelingen.
Aber darum bist Du Politiker und ich nicht :-)