Ich hätte da einen Vorschlag
von cc am 28.12.2011

Die Regierung möchte unser Budget sanieren.
2 Mrd Euro lautet das Sanierungsziel.
Ich hätte da einen Vorschlag:
Streichung der völlig unverständlichen, sozial ungerechten und ökologisch vertrottelten steuerlichen Begünstigung der privaten Nutzung von Dienstfahrzeugen.
Das wird in der öffentlichen Diskussion kaum erwähnt (am 27.12 durfte ich diese Idee in der ZIB2 ansprechen), bringt aber erstaunlich viel Geld.
Kurze persönliche Vorgeschichte, wie es zu dieser Idee gekommen ist.
Jüngst Diskussion mit einen Vorstandsdirektor eines grossen österreichischen Unternehmens. Über die Zukunft des Euros, die Universitäten und deren Finanzierung bis zur ökologischen Steuerreform.
Meine Argumemtation, ein paar Cent mehr Mineralölsteuer mehr könnten wir Österreicher uns wohl leisten, quittiert er mit einem Lachen.
"Macht`s es ruhig, Leute mit Top-Einkommen samt Dienstwagen wie ich zahlen davon keinen Cent."
Und das geht so:
Überlässt ein Unternehmen einem Angestellten einen Dienstwagen zur privaten Nutzung, hat der Angestellte 1,5 % der Anschaffungskosten des Autos, maximal jedoch 600 Euro/Monat als "Sachbezug" zu seinem Einkommen hinzuzufügen.
Damit ist dann steuerlich alles erledigt.
Dafür erhält er nicht nur das Firmenauto, sondern auch dessen laufende Kosten ersetzt, häufig auch eine Benzinkarte sowie einen Firmenparkplatz gratis.
Das Unternehmen schreibt die Kosten von der Steuer ab.
Ebenso der Arbeitnehmer.
Da es sich meist um Personen mit besserem Einkommen handelt (Billakassierinnen erhalten selten Dienstfahrzeuge), beträgt ihr Grenzsteuersatz 50%, d.h. die Hälfte der max 600 Euro kosten dann ohnehin nur mehr die Hälfte.
Die Kosten der "dicken" Oberklasseautos betragen jedoch ein Vielfaches von 300 Euro/Monat.
Der oben genannte Vorstandsdirektor fährt einen "7erBMW". Allein die monatliche Leasingrate beträgt 1200 Euro, wie er mir stolz erzählt.
Nach diesem Gespräch hab ich mich auf die Suche gemacht, und jene erstaunliche EU- Studie gefunden.
"Company car taxation"
Darin wird auf 66 Seiten penibel die Steuerbegünstigungen von Firmenautos in allen EU Ländern errechnet.
Die wichtigste Zahl daraus: Österreich entgehen durch diese Vorgangsweise beinahe sagenhafte 1,6 Mrd Euro/Jahr.
Wie kommst man zu dieser Zahl?
Wichtig ist die Abschätzung der Anzahl der Dienstwagen in Österreich.
Diese beträgt bereits 50% der Neuzulassungen!
Hervorzuheben ist, dass gilt: Je Oberklasse desto Dienstauto. In der obersten, schwersten und teuersten Autoklasse beträgt der Dienstwagenanteil 76%!
In Summe ist von einer Zahl von rund 500 000 Dienstwagen in Österreich auszugehen.
Berechnet man nun die tatsächlichen Kosten eines Autos (Anschaffung/Abschreibung, Benzin, Versicherung, Service, etc.) und stellt dann diesen Ausgaben den mit 600 Euro brutto/Monat (d.h. 300 Euro Netto) begrenzten zu versteuernden "Sachbezug gegenüber" und multiplizier das mit der Zahl der Dienstwagen, dann ergibt sich dieser riesige Steuerausfall.
Übrigens:Die Spritkosten steigen wegen des Ölpreises seit Jahren, die Mineralölsteuer wurde mehrfach erhöht. Die 600 Euro "Sachaufwand" wurden seit vielen Jahren nicht erhöht.
Wer mir bis hierher gefolgt ist, kann es auch so betrachten:
Es ist doch absurd, dass ein Unternehmen und ein Arbeitnehmer steuerlich dann deutlich schlechter gestellt ist, wenn er mit dem Fahrt oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, d.h. kein Dienstauto will/braucht. Denn für den klassischen Lohnbestandteil sind von den Unternehmen im vollen Umfang Lohnnebenkosten zu entrichten, die sich deutlich reduzieren, wenn er ein Auto als Lohnbestandteil zur Verfügung stellt.
Wie hoch letztlich der Steuerausfall ist, ob wirklich 1,6 Mrd (was mehr als 75% des Sanierungsziels der Bundesregierung ist) oder "nur" ein paar 100 Mio Euro, eins ist jedenfalls klar: Es ist sehr viel Geld.
Aus ökologischen wie sozialen Gründen muss doch gelten:
Egal ob jemand als Gehaltsbestandteil einen Dienstwagen privat nutzt oder seinen Lohn voll ausbezahlt bekommt, ersteres darf nicht steuerlich besser gestellt sein.
update 29.12.
Danke für die wichtigen Kommentare.
Da waren wichtige Hinweise und auch einiges an wichtiger Kritik dabei.
1.) Jene 1,6 Mrd, die Zahl, welche die EU Studie nennt, dürfte wirklich zu hoch gegriffen sein. Denn was Dienstwagen, bzw. nur Leasingauto ist, wird hier nicht unterschieden. Wie hoch die Zahl der Dienstwagen (vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, mittels "Sachbezug" steuerlich geltend gemacht) wirklich ist, konnte niemand exakt sagen. (Hat jemand einen Hinweis?Bittebitte) Genau weiss es das Finanzministerium.
Jedenfalls, wie auch ober schon geschrieben: Wenn es nicht 1,6 Mrd Euro, sondern "nur" ein paar huntert Mio sind, es ist jedenfalls ein grosses Einsparpotential.
2.) Wird der Sachbezug brutto oder netto berechnet, und hab ich hier einen Fehler gemacht, wie "bobo" meint?
Nein, nach Gespräch mit zwei Steuerberatern: Sachbezug erhöht das Bruttoeinkommen, netto kosten die gesamten privaten Autokosten (plus Benzin etc.) dem Angestelten max 300 Euro (Grenzsteuersatz). Das ist der Kern der Begünstigung und sozial wie ökologisch nicht zu rechtfertigen
3.) Ich irre mich, schreibt "rokory" weil ich die Luxustangente vergesse.
Stimmt, einerseits: Der Arbeitgeber kann Autoanschaffungskosten von max
40 000 Euro steuerlich geltend machen. Bei Sprit-Erhaltungskosten etc. bleibts unbegrenzt.
Insofern mindert sich die Abschreibemöglichkeit für das Unternehmen.
Jedoch: Für den Angestellten belibt der volle Vorteil erhalten. Egal wie teuer das Auto is, egal wieviel er fährt. er zahlt max. jene 600 Euro (brutto)
4.) Ganz grundsätzlich zur Kritik in manchen Kommentaren: Ich habe gar nichts gegen die private Nutzung von Dienstwagen. Klarerweise soll es weder verboten werden (wäre ja absurd) noch soll sich zwangsweise der Arbeitnehmer ein eigenes Auto stattdessen kaufen müssen. Nur: Die steuerlich deutliche Begünstigung gehört abgeschafft!
Nochmals: Warum soll jemand steuerlich bestraft werden, d.h. deutlich mehr (Steuer) bezahlen , wenn er mit Öffis bzw mit dem Fahrrad unterwegs ist, gegenüber jemanden, der ein Dienstauto bekommt.
Das, und nur das ist der Punkt.
5.) Klar muss auch die Pendlerpauschale hinterfragt werden, aber das ist eine (wichtige) andere Geschichte.
Nochmals danke für die Diskussion bisher. Weitere Beiträge werden den Vorschlag weiter schärfen.
Schwer dafür
Danke für diesen Vorschlag!